Unser Kloster war ein wildes Kloster. Das heißt, es war nicht vom Papst oder einem Orden genehmigt. Wie kamen nun solche Klöster zustande? Die stifteten meist der niedrige Adel. Wanderprediger verkündeten das Evangelium vor Straßendirnen und Prostituierten. Den reuigen Sünderinnen gab man Gelegenheit von der Straße und ihrer sozialen Notlage wegzukommen und Unterschlupf sowie ausreichend Verpflegung in einem ordentlichen Haus zu finden. So auch in unserem Kloster aus dem Orden der Büßerinnen. Die Klosterpatronin war Maria Magdalena ( eine ehemalige Prostituierte aus der Bibel und reuige Sünderin ) Dies ist urkundlich 1265 belegt.
Der Papst verbot die wilden Klöster und forderte, dass sich diese einem regulären Orden anschlossen. So schloss sich unser wildes Kloster 1282 dem Orden der Dominikaner an. Zur ursprünglichen Patronin kam nun die heilige Jungfrau Maria hinzu. Das war ein cleverer Schachzug! Denn nun wurde das Kloster auch für Frauen aus dem gut bürgerlichen Stand und niedrigem Adel interessant. Auch wenn die Nonnen in Armut leben mussten, durfte das Kloster Schenkungen annehmen. Mit diesem Geld wurde das Kloster ausgebaut. Ebenso eine Kirche mit 9 Metern Breite und 21 Metern Länge. Nicht schlecht! Natürlich kam eine prächtige Innenaustattung dazu. Die Zahl der Nonnen schwankte zwischen 20 und 50. Dazu gab es jede Menge Laienschwestern. Diese wurden von Handwerkern und Hilfspersonal unterstützt. Der Orden widmete sich hauptsächlich der Kranken- und Armutspflege.
Damit man einen Eindruck von dem "neuen" Kloster bekommt, nenne ich mal ein paar Namen. Da wären Margarete und Brigida. Beides Töchter des badischen Markgrafen Bernhard. Oder Elsbeth und Luitgard. Beides Pfalzgräfinnen von Tübingen. So wurde das Kloster reich. Man kaufte den Besitz vom Kloster Hirsau in der Altstadt. Also alles Land und die Rechte rund um den Kappelhofplatz und der Altstädter Kirche. Höfe und Rechte in Vaihingen, Nöttingen und Ispringen. Güter in Bietigheim und Bauschlott, ganz Ellmendingen, die Vogtei in Brötzingen, Eutingen und Ispringen. Dazu kamen noch Häuser in Pforzheim. Den ganzen Reichtum aufzuzählen wäre sehr mühsam und zeitraubend. Aber die Erträge flossen der Armen- und Krankenpflege zu.
Um es kurz und bündig auszudrücken. Unser Frauenkloster war stinkereich!
Doch dieser immense Reichtum überdauerte nicht. 1564 wurde das Kloster im Zuge der Reformation aufgelöst. Im Augsburger Religionsfrieden wurde 1555 festgelegt, wer regiert, bestimmt, was die Untertanen zu glauben haben. Und Markgraf Karl II bekannte sich zum Luthertum. Nach langem, vergeblichen Widerstand mussten auch unsere Nonnen 1564 in das Kloster Kirchberg in Sulz am Neckar ins Exil.
Auf Vermittlung von Kaiser Ferdinand I bekamen sie für ihren Besitz 10.000 Gulden. Dazu kamen 1000 Gulden für Hausrat, Vorräte und Vieh.
Das war ein absolutes Schnäppchen!
Eingefädelt hat die Sache der uns bekannte markgräfliche Kanzler Dr. Martin Achtsynit, der ja auch in der Schlosskirche mit allen Ehren begraben wurde. Als Lohn für den neuen Reichtum, den er dem badischen Markgrafen bescherte, bekam er die Niefernburg und den Klosterwald, der heutige Kanzlerwald. Jaja, da ließ sich der Markgraf Ferdinand I. nicht lumpen. Schließlich baute er gerade sein Schloss aus und da kam der neue Reichtum mehr wie gelegen.
Für viele Herrscher war bestimmt ein Grund ihrer lutherischen Glaubensentscheidung, dass die katholischen Klöster aufgelöst wurden und der Besitz dem Regierenden zufiel.
Nun ja, immerhin bekamen die Nonnen vom badischen Markgrafen eine geringfügige Entschädigung von 10.000 Gulden für ihren weltlichen Besitz. Haha, weit gefehlt! Die sackte nämlich der in Geldnöten steckende Kaiser Ferdinand für seine Vermittlung ein.
In das verlassene Kloster zog das Heilig-Geist-Spital ein. Quasi das erste Krankenhaus der Stadt. Doch während des Pfälzischen Erbfolgekrieges1689 und 1692 brannte die Gebäude bis auf die Grundmauern nieder und auf dem freien Baugelände entstand unser Waisenhaus und die Wiege der Pforzheimer Uhrenindustrie.
Jetzt wünsche ich Euch ein sonniges Wochenende.
Euer Freund und Kupferstecher Schleimi.